Sébastien Siraudeau: Wohnen wie Gott in Frankreich

Geschrieben am 29. Juni 2012

Wie ein Kurzurlaub in der französischen Provinz.

Im Christian Verlag ist ein Bildband erschienen, der zugleich Reiseführer und Einrichtungskatalog ist. Der Autor und Fotograf Sébastien Siraudeau machte sich auf den Weg, einige der zahllosen alten Landhäuser und Gutshöfe zu besuchen, um einen Blick in das ebenfalls rustikale und alte Interieur zu erhaschen. Herausgekommen ist ein Bildband mit stimmungsvollen Fotos, der nicht nur Sehnsüchte nach einem Leben abseits von Lärm und Zeitdruck weckt, sondern auch so manche Inspiration für die Einrichtung der eigenen vier Wände bietet.

Die gutausgeleuchteten und atmosphärischen Farbfotos des Bandes Wohnen wie Gott in Frankreich zeigen ganz unterschiedliche Sujets: Einzeldarstellungen von Gegenständen, Aufnahmen ganzer Wohnräume oder vereinzelte Landschaftsaufnahmen verklären auf angenehme Weise den Blick und nehmen den Betrachter auf eine Reise durch die Jahrhunderte. Da werden Gegenstände aus dem 19. Jahrhundert mit Objekten aus den 1960er Jahren stilsicher kombiniert, längst ausgedienter Plunder und Alltagsgegenstände werden umfunktioniert und bieten so manche Kuriosität und zeugen von großem Einfallsreichtum: Wer hat schon alte Metalllöffel als Türklinken?

Wohnen wie Gott in Frankreich ist lose nach Regionen geordnet. Bei den vorgestellten Häusern handelt es sich um anmietbare Ferienhäuser, Antiquitätengeschäfte oder kleinere Hotels. Zumeist wurden diese alten Schatztruhen von Weltenbummlern, Sammlern oder Nostalgikern wiederhergerichtet und deren Innenräume mit allerlei Kitsch und Tand bestückt, um sie so Stadtverdrossenen als Oasen der Ruhe anzubieten. So gibt es zu Anfang eines jeden Kapitels die Adresse und andere Daten zu den Häusern. Diese Informationen sind jedoch nicht aufdringlich, weshalb sich der Eindruck, man habe es hier mit einem, wenn auch etwas außergewöhnlichen, Hotelkatalog zu tun, nicht aufdrängt. Kurze Texte zwischen den Bildern berichten über die Besitzer der Häuser und die Geschichte, wie man jenes architektonische Schmuckstück im neuen Glanz erstrahlen ließ.

Die Auswahl der Häuser ist abwechslungsreich: Besticht das Le Mas dou pastre in der Provence mit bunten Blumengemälden und einer kindlichen Farbwahl, ist das Le Logis de Puygaty innen eher rustikal, mit unbehandelten Tischen und Schränken. Erhaben hingegen ist das L’Hôtel des Tailles in der Normandie, weil mit Kandelabern und Büsten eingerichtet. Die geschossenen Bilder sind hin und wieder etwas arg stilisiert, was Schnappschüssen, auf denen z.B. blühende Blumen im Korb eines alten, verrosteten Fahrrads liegen, beinahe etwas Komisches verleiht. Wirklich störend sind diese Fotos aber nicht.

Die kurzen Texte zwischen den Bildern sollen das Auge des Betrachters leiten. Diese dankbare Hilfestellung lässt insbesondere schon beim ersten Mal so manches verspielte Detail erkennen. Zudem berichten die Texte über die innovativen Umfunktionierungen von Gebrauchsgegenständen. Der Reise- und Einrichtungsbildband Wohnen wie Gott in Frankreich wird so zu einer fast unendlichen Ideenfundgrube für das eigene Zuhause. Die meisten Gegenstände können sogar Online oder vor Ort erworben werden. Es sei allerdings darauf hingewiesen, dass die Innenleben der vorgestellten Häuser einem stetigen Wandel unterliegen, Wohnen wie Gott in Frankreich also nur eine kurze Bestandsaufnahme der antiken Häuserinterieurs ist.

Die angenehm kurzen Texte treten nicht zu sehr in den Vordergrund. Siraudeau möchte verständlicherweise vielmehr seine zahlreichen Farbfotos sprechen lassen. Leider fehlt zu Anfang ein kleines Vorwort, das die Motivation zu diesem Buch offenlegt, etwas über dessen Entstehungsgeschichte erzählt und dessen Klientel bestimmt. Hierbei handelt es sich jedoch nur um einen sehr geringen Makel.

Am Ende von Wohnen wie Gott in Frankreich sind noch einmal alle Adressen der Häuser aufgelistet und nach Regionen sortiert. Eine kurze Danksagung entläßt den Leser mit einem wohligen Gefühl und dem Wunsch es den Sammlern und Aussteigern gleichzutun.

Wohnen wie Gott in Frankreich sei Nostalgiker und Hobbyinnenarchitekten, die entweder in romantisierten Umgebungen schwelgen und/ oder ihrem Heim einen gewissen Kick verleihen wollen, sehr ans Herz gelegt. Trotz einer qualitativ sehr hochwertigen Verarbeitung des Bandes und trotz eines reichbebildertem Inhalts, schägt Siradeaus Reisebericht gerade einmal mit 24,95 Euro zu Buche. Der gebundene Band umfasst 208 Seiten und ist 2011 im Christian Verlag erschienen.

Sébastien Siraudeau: Wohnen wie Gott in Frankreich. Christian Verlag 2011. (Link führt zu amazon.de)