Der Reiseführer „Meine kulinarische Reise durch Frankreich“ von Sarah Wiener

Geschrieben am 9. März 2012

Sarah Wieners kulinarische Liebeserklärung an Frankreich und dessen vielfältige Küche ist ein Begleitband zur Fernsehserie Die kulinarischen Abenteuer der Sarah Wiener. In insgesamt 28 Kapiteln kann man ihr durch die Kochtöpfe Frankreichs folgen und lernt, wie man Stierbacken und Miesmuscheln zubereitet, wie man mit Absinth kocht und was es für einen perfekten Gugelhupf zu beachten gilt. In ihrem roten Käfer besucht sie nicht die zahlreichen Gourmettempel des Landes, sondern kleine provinzielle Bauernhöfe, auf denen sie unter den mehr oder weniger strengen Augen der lokalen Gastronomen deren Köstlichkeiten nachkocht. Dabei handelt es sich nicht um Haute cuisine, sondern oftmals um eine recht rustikale Küche, deren Gerichte auch gerne mal über einem offenen Kamin oder in riesigen Steinöfen zubereitet werden.

Zu Anfang eines jeden Trips findet sich ein Memo, das kurz über die bevorstehende Reise und die zu erwartenden Spezialitäten informiert und so den Entdeckungstouren Sarah Wieners den Anschein von Missionen geben. Der Bericht einer jeden Mission, in dem über Land und Leute geplaudert wird, wird zum Abschluss von den Rezepten, der jeweilig vorgestellten Gustostückerl gekrönt. Der Leser wird nicht nur Zeuge von Sarah Wieners meisterhaften Kochkünsten, sondern auch ihrer Versuche, die Zutaten zu beschaffen, so z.B. das amüsante Unternehmen ein Perlhuhn zu fangen:

Von Natur aus scheu, wird das Perlhuhn am besten nachts gefangen. Im dunklen Stall drängen sich alle Hühner verängstigt in einer Ecke zusammen. Nur das Licht einer Taschenlampe weist mir den Weg. Und jetzt soll ich den Henker spielen? Mich verlässt der Mut. Doch ich reiße mich zusammen. Ich werde doch nicht gleich bei der ersten Herausforderung meiner Reise aufgeben! Entschlossen packe ich eines. Hurra! Geschafft. Jetzt schnell raus. Doch Monsieur ist unerbittlich. ‚Ce n’est pas bon. Elle n’est pas jolie.‘ – Das ist nicht gut?! Doch, doch, denke ich, der Vogel ist wunderschön, perfekt für den Grillspieß. Aber Monsieur Chevru hat kein Erbarmen, das Tier ist ihm nicht dick genug, Ich muss mir ein anderes ausuchen. (10)

Gespickt sind die unterhaltsamen Berichte mit zahlreichen Bildern, hauptsächlich Polaroidfotos, die hier und da etwas verschwommen sind. Diese Schnappschüsse versprühen jedoch einen lässigen Charme und verhelfen dem Buch zu seiner liebevollen Aufmachung.

Der Reiseführer Meine kulinarische Reise durch Frankreich ist das Ergebnis einer insgesamt zweijährigen Reise, beginnend in Grignan in der Provence, weiterverlaufend über das baskische Ahetze und dem burgundischen Châtenay bis nach Paris. Das Buch ist in einem luziden und unterhaltenden Stil geschrieben und fängt neben den kulinarischen Besonderheiten des Landes auch das alltägliche Leben der von ihr besuchten Köche ein und gibt somit einen Einblick, wie bestimmte Produkte, wie Oliven und Trüffel, Calvados und Absinth gewonnen werden. Zudem wird über die Haltung und insbesondere die Schlachtungsmethoden von Tieren berichtet. Die hierbei auftretenden Inkonsequenzen von Sarah Wiener, fallen dabei negativ auf: Zum einen lehnt sie die Fütterung von Mastgänsen per in den Hals eingeführten Metallrohr vehement ab, ohne es jedoch zu verpassen, eine Seite später einen „süßen Weißwein“ zur „Stopfleber“ zu empfehlen, die das Produkt aus eben jenem grausamen Mastverfahren ist. Die süffisante Überschrift dieses Abschnittes „Wer lecker sein will, muss leiden“ soll diesem Problem wohl etwas die Brisanz nehmen, ist in diesem Kontext aber eher geschmacklos. An anderer Stelle behauptet sie großspurig: „Wenn man Fleisch isst[sic!], muss man sich auch mit dem Tod befassen.“, weigert sich aber vehement ein Tier zu schlachten.

Sarah Wieners Meine kulinarische Reise durch Frankreich ist vor allem ein Kochbuch, weshalb die beiden genannten negativen Punkte, die Qualität dieses kulinarischen Reiseführers nicht schmälern. Allein etwas mehr Fingerspitzengefühl wäre angebracht gewesen.

Sarah Wieners Reiseführer Meine kulinarische Reise durch Frankreich ist sehr empfehlenswert für frankophile Hobbyköche. Mit ihren durchaus interessanten Berichten über die manchmal extravaganten Ingredienzien der französischen Küche, lässt sie so manchem Bonvivant das Wasser im Munde zusammenlaufen. Auf insgesamt 160 Seiten wird ein zum Teil klischeehaftes Frankreich vorgestellt: So hat man den Eindruck, jeder Koch in Frankreich hieße Jean-Claude (tatsächlich sind es aber nur zwei) und tränke den ganzen Tag die erlesensten Rotweine. Sarah Wiener vermag es, ihre Begeisterung für die französische Küche und die Freude über ihre gemachten Erfahrungen zu transportieren und so ist Meine kulinarische Reise durch Frankreich ein charmantes und authentisches Zeugnis ihrer langen Reise durch die gastronomischen Gefilde des Heimatlandes der Feinschmecker. Das Buch ist durchsetzt mit zahlreichen Farbfotos und kleinen Zeichnungen und besticht durch eine qualitativ sehr hohe Verarbeitung. Der Reiseführer Meine kulinarische Reise durch Frankreich ist im Eichborn-Verlag erschienen und kostet 19,95 Euro.

Sarah Wiener: Meine kulinarische Reise durch Frankreich. Eine Liebeserklärung mit Rezepten. Frankfurt 2008.