Sonnendurchflutete Seiten – Der Schriftsteller Marcel Pagnol

Geschrieben am 10. April 2012

Jedes Werk eine Hymne an die Provence.

So, oder so ähnlich läßt sich das Oevre Marcel Pagnols beschreiben und umfasst dennoch bei weitem nicht die Fülle der Ansichten, die Schönheit seiner Bilder und die Plastizität seiner Figuren. Marcel Pagnol ist ein Meister des bildhaften Wortes. Leider ist er mittlerweile fast gänzlich vergessen.

Marcel Pagnol wurde 1895 in Aubagne geboren, einer kleinen provenzalischen Stadt in der Nähe von Marseille in der Region Bouches-du-Rhône. Seine Kindheit und Teile seiner Jugend verbrachte er in der Provence, die sich in seinen Filmen und Büchern in wunderbarer Manier beschrieben, wiederfindet.

Seine publizierten Kindheitserinnerungen sind wohl seine bekanntesten Bücher, wobei der erste Teil Marcel aus dem insgesamt vierbändigen Werk herausragt. Pagnol versteht es hier, die grandiose Landschaft der Provence einzufangen. Endlose Olivenhaine, Wälder von Korkeichen und Feigenbäumen und das malerische Garlaban-Bergmassiv begleiten den Leser bei der Lektüre, der einen stetigen Duft aus einer Melange aus Rosmarin, Thymian und Lavendel in der Nase hat.

Erzählt wird von seinen Sommerferien im Ferienhaus im Marseiller Hinterland. Der gerade einmal achtjährige Marcel unternimmt lange Streifzüge durch Wald und Flur, geht mit seinem Vater, den er als Helden verehrt und Onkel Jules auf die Jagd und berichtet von seinen Abenteuern mit Bruder Paul und seinem Freund Lili. Hierbei weht ein Hauch von Freiheit, um den man den jungen Marcel und seine Begleiter beneidet: Sorglos streifen sie umher, nehmen im Schatten eines alten Mandelbaumes ihr spärliches Mittagessen ein, das durch die Umgebung und Stimmung aber zu einem Festbankett avanciert.

Laut eigenen Angaben, verbrachte Marcel Pagnol die schönsten Zeit seines Lebens im Sommerferienhaus der Eltern. Und dieses Glück weiß Pagnol bildreich zu transportieren. Neben Tucholskys Schloß Gripsholm und Hemingways Fiesta ist Marcel Pagnols Marcel (oftmals auch: Der Ruhm meines Vaters) einer der schönsten Sommerromane und man tut gut daran, diesen auf die Lektüreliste für die kommenden heißen Monate zu setzen.

Erst mit 62 Jahren begann Marcel Pagnol mit der Niederschrift seiner Kindheitsmemoiren. Bis dahin geschah so einiges in Pagnols Leben: Ab 1927 lebte Pagnol, der bereits einige Erfolge mit seinen ersten Theaterstücken feiern konnte, als freischaffender Schriftsteller kurze Zeit in Paris, das er 1932 Richtung Marseille wieder verließ. In der Stadt am Mittelmeer gründete Pagnol seine eigene Filmfirma, mit der er seine ersten Filme produzierte. Zahlreiche Werke Pagnols wurden – unter anderem von ihm selbst – verfilmt und müssten heute als zeitlose Klassiker gelten.

Der Name Marcel Pagnol tritt heute nur noch in wenigen Kontexten auf. So aber z.B. in einem Artikel in der  ZEIT, in dem berichtet wird, Pagnols Erinnerungen seien Pflichtlektüre an französischen Schulen. Dies ist dahingehend beruhigend, als das ein exzellenter Schriftsteller zumindest in seinem Heimatland nicht vollkommen vergessen ist.

Marcel Pagnol: Eine Kindheit in der Provence: Marcel und Marcel und Isabelle. Piper Verlag 1999. (Link führt zu Amazon.de)

Marcel Pagnol: Die Wasser der Hügel. Piper Verlag 1997. (Link führt zu Amazon.de)

Eine Wasserquelle auf einem Bauernhof wird Auslöser von Habsucht und Intrigen. Auch hier führt Pagnol in bildreicher Sprache in seine südfranzösische Heimat ein. Das Buch wurde mit dem damals sehr jungen und schlanken Gérard Depardieu verfilmt.