Paris – Ein Fest fürs Leben. Die Neuedition von Hemingways Pariser Memoiren

Geschrieben am 14. November 2011

Ernest Hemingway, einer der größten und bekanntesten Schriftsteller der “verlorenen Generation” hielt sich in den 20er Jahren in Paris auf und war so Zeitzeuge der sogenannten “Roaring Twenties”. Seine Notizen aus dieser Zeit bilden die Grundlage seines großartigen Romanes A moveable feast (dt. Paris – ein Fest fürs Leben), der posthum 1965 publiziert wurde. Er erzählt von seinen Streifzügen durchs bohème Paris und schildert die Begegnungen mit einflussreichen Persönlichkeiten, wie Gertrude Stein, Francis Scott Fitzgerald und Ford Madox Ford.

Pünktlich zu seinem 50. Todestages erschien nun eine Neuedition seines Meisterwerkes in deutscher Sprache, das uns bisher nur in zensierter Form vorlag. Seit den 1980er Jahren wurden von der literaturwissenschaftlichen Forschung immer mehr zum Teil gravierende Unterschiede zwischen dem fragmentarischen Manuskript und der Erstausgabe von A moveable feast nachgewiesen. Als Urheberin dieser Verfälschungen gilt Mary Welsh, die letzte Ehefrau Hemingways. Sie fügte aus einzelnen Notizen und Versatzstücken ein Vorwort zusammen. Unvollendetes und ganze von Hemingway vorgesehene Passagen wurden herausgenommen, Erzählformen abgeändert, ja sogar die Kapitelreihenfolge wurde nach eigenem Gutdünken neu festgelegt.

Das Ergebnis der jahrzehntelangen literaturwissenschaftlichen Nachforschungen liegt uns nun in der Übersetzung von Werner Schmitz vor. Diese Neuedition entspricht der Hemingwayschen Urfassung und wurde durch bisher unveröffentlichte Fragmente und Skizzen des Autors ergänzt. So erfährt man aus dem Anhang, dass Hemingway sich scheute den Roman zu veröffentlichen, da er einige seiner Zeitgenossen und Freunde nicht gerade vorteilhaft und wohlwollend porträtiert hatte. Zudem sollte der Buchtitel letztlich nicht A Moveable feast sondern The Early Eye and The Ear lauten.

Dank dieser Neuausgabe, die von Hemingways Enkel Sean herausgegeben wurde, erhält man einen Einblick in die letzte Schaffensperiode Hemingways. Für den bereits seit vielen Jahren unter Schreibblockaden leidenden und die weitreichenden Folgen seines ungestümen Alkoholkonsums spürenden Autor, musste die Ankunft seiner Pariser Notizen und Tagebuchaufzeichnungen auf Kuba wie ein Jungbrunnen erscheinen. Zeigt sich doch in der neu erschienen unverfälschten Ausgabe von A moveable feast das noch einmal auflodernde Können eines von Selbstzweifeln zerfressenen Jahrhundertschriftstellers.